* 10. Dezember 1999 in Grasbrunn bei Renate Mlinaritsch (heute Kalteis)
+ 11. Januar 2013

Mein erster Border Collie!

Ein Border Collie sollte es eigentlich nie werden, meine Faszination reichte damals nicht aus, um Harald von dieser Rasse zu überzeugen. Zu groß, war sein Urteil.

Doch es kommt ja bekanntlich immer anders. Harald bekam die Chance, in USA zu arbeiten. Wenn schon, denn schon. Kalifornien, Los Angeles. Tolle Möglichkeit, doch wie bringt man Frau, eingebunden in ein hektisches, interessantes Berufsfeld, mit gehegten und gepflegten Sozialkontakten, dazu, alles hinter sich zu lassen und einen Ozean zu überqueren? Richtig, durch Motivation (Übersetzung: Bestechung). Ich durfte in USA nicht arbeiten, mir fehlte das Visum dazu. Mein Job war, die Kinder zu bedienen und Haralds Geld auszugeben. Verlockend, doch dafür alle Brücken abbrechen und mit einem grottenschlechten Englisch neu anfangen?

war der Anreiz, um die weite Reise anzutreten. In Haralds Vorstellung wären wir nach USA gezogen und hätten dort nach einem Border Collie gesucht. Das deckte sich leider nicht mit meinen Wünschen. Darum zog bei uns im Februar 2000 der Border Collie "Duke with magic eyes" von Renate Kalteis (damals Mlinaritsch) ein.

 

Mein großer Traum von einem Border Collie wurde wahr. In USA hatte ich viel Zeit für seine Ausbildung. Mit Duke hatte ich mir einen Arbeiter rausgesucht, der nie aufhören wollte. Dieser wilde Blick in ihm entwickelte Interesse für jede Beschäftigung, nur konnte er nicht wirklich still halten. Im Obedience war das gelegentlich hinderlich und brachte mich an die Grenzen meiner Geduld und Ruhe. Hingegen beim DogDancing versuchte Duke einen imaginären Geschwindigkeitsrekord zu brechen. Beim Trainieren neuer Übungen hatte ich ständig blaue Flecken, während der Vorführungen war meine Aufgabe, nicht über den hektisch wirbelnden Hund zu stolpern. Ach ja, und da war noch das Bellen. Unser beider Steckenpferd Agility war schnell, doch schlampig. Stangen fielen, Kontaktzone wurden übersprungen. Im Training beinharte Kontaktzonen, im Turnier die Mittelkralle. Eine ständige Herausforderung.

Als Duke drei Jahre alt war, kamen wir zurück aus USA, mit fünf begann die Never-ending-story seiner Krankheiten. Zuerst kam eine Knochenabsplitterung am Ellbogen. Ich bin da ein wenig eigen, wenn es um die Schonung der Hunde aufgrund von Krankheiten geht und so hatten wir ein halbes Jahr komplett Pause. Kurz drauf verzehrte der Trottel ein Hundespielzeug, das sich wie ein Korken auf den Darmansatz setzte. Der Darm versuchte das Teil weiterzutransportieren und stülpte sich dabei über sich selber. Neben dem klinisch fitten Hund hatte Duke dadurch weiterhin Stuhlgang. Trotzdem bestand ich auf der sofortigen OP.

 

Das war auch gut so. Leider hat Duke das innen liegende Nahtmaterial nicht vertragen, wir mussten sechs Wochen lang die Wunde spülen, bis die Heilung endlich eintrat. Natürlich bedeutete das auch wieder Pause fürs Training. Als wir gerade wieder richtig eingelaufen waren, humpelte Duke hinten und konnte nach dem Aufstehen ein Hinterbein kurzfristig nicht belasten. Training abgebrochen, Verdacht Bandscheibenvorfall. Eine Welt brach für mich zusammen. Das CT zeigte keine Veränderungen, der Hund humpelte noch immer. So stiegen wir beiden Tapferen um auf Obedience. Hat schon mal jemand eine Prüfung gesehen, bei der der Hund nach der Leinenführigkeit den Ring fröhlich auf der Suche nach einem Spielzeug verließ? Übrigens, die Leinenführigkeit war 0 Punkte wert, die Freifolge dafür 9,5. Im Gesamten trotzdem ein V. Das waren wir, das Chaosteam.

 

Ein Hundsportler gab mir den Tip, zu Frau Dr. Maier in der Nähe von Ulm zu gehen. Die kennt sich aus mit Hunden und hat schon vielen Humpelnden geholfen. Maier, Ulm? Naja, ein Versuch ist es wert. So landete ich bei einer Chiropraktikerin mit Pferdepraxis. Fast wäre ich wieder umgekehrt, weil mir das alles sehr falsch vorkam. Hier gehörten wir nicht hin, fand ich. Aber wo wir schon mal da waren. So wurde Duke am Kreuzdarmbeingelenk eingerenkt. Ich zahlte 30 € und angeblich war alles wieder gut. Nee oder? Doch, nach fast zwei Jahren fingen wir wieder an zu trainieren. Das Humpeln war weg!

Duke war inzwischen über acht Jahre alt, wir sind sehr gerne gelaufen. Allerdings waren mir Stangen und Kontaktzonen relativ egal. Daran wurde nicht mehr gearbeitet. Wir haben irgendwie das beste daraus gemacht. Im Dezember 2009 ist Duke zehn Jahre alt und wird nicht mehr in der A3 laufen. Sein letztes Turnier war im Sommer 2009, in dem Jahr gab es auch kein Training mehr für Duke.


Als im Herbst 2008 die kleine Cola bei uns einzog, zeigte Duke seine wahre Stärke und Loyalität. Er, der Welpen und Junghunde hasst, es nicht ausstehen kann, wenn ihm ein süßes Wollknäuel um die Schnauze streicht und auf den Geist geht, hat sich auch in dieses Schicksal gefügt. Heute beißt Cola in Duke rein, rupft an ihm rum und verbellt ihn, ohne dass es Duke stört. Manchmal hat er so einen Blick drauf, ein Fragezeichen, als würde er nur auf einen Fingerzeig von mir warten, um das kleine Ding mal in den Boden zu stampfen. Ich rühre mich dann nicht, denn vier Kilo Cola gegen einen rächenden Duke, das kann nicht gut gehen. Trotzdem, er ist mein Bester.

 

11. Januar 2013

Jede Reise hat ein Ende

Es ist noch nicht so lange her, dass ich über Duke geschrieben habe. Den alten Herrn, der mein Herz so sehr betören kann. Tattrig ist er geworden, vergesslich und manchmal hilflos. Ich wollte das alles nicht sehen, wollte, dass er für immer jung bleibt.

Doch wir sind nicht im Land der Wünsche.

Duke erlitt vom Mittwoch auf Donnerstag in der Nacht ein Vestibularsyndrom. Eine Störung im Innenohr verursacht Koordinationsprobleme. Mein gelockter Begleiter drehte sich nur mehr im Kreis, hatte Probleme mit dem Stehen, sabbere seit dem Nachmittag vor sich hin. Vier Tage durchhalten, so lautete die Devise. Nach vier Tagen ist der Spuk fast vorbei. Nur vier Tage. Mehr nicht.

Ich habe meinen treuen Freund begleitet, getragen, Windeln angelegt, wie schon seit Wochen. Ich wollte nicht sehen, dass sein Zustand immer schlimmer wurde. Heute morgen konnte er nicht mal mehr in den Garten zum Pieseln. Ich musste ihn tragen, keine Stütze hat mehr geholfen. Während er pieselte, musste ich Duke halten, sonst hätte er sich wie eine Schraube um sich selber gedreht. Nur vier Tage durchhalten, ein Tag, eine Nacht waren bereits vorbei.

Ich trug meinen Duke die Stufen zum Tierarzt nach oben, damit er seine Spritzen erhalten sollte. Nicht zu übersehen war, dass sich sein Zustand binnen eines Tages drastisch verschlechtert hatte. Nur vier Tage, ein Tag und eine Nacht waren bereits vergangen. Duke lag auf dem Tisch, die Beine gespreizt, damit er nicht rotierte. Seine Augen flackerten, bewegten sich wie irrsinnig, er speichelte wieder stark. Ich sprach ihn an, er krampfte, sabberte. Die Tierärztin kam, sie wurde von einem kranken Kaninchen aus der Nachbarschaft aufgehalten.

Nur vier Tage, wir hatten doch schon einen Tag und eine Nacht überstanden.

Es ist besser so, sagte die Tierärztin. Nur vier Tage, ein Viertel war doch schon vorbei. Er soll nicht leiden, hörte ich mich sagen. Warum konnte er nicht vier Tage warten?

Es ging sehr schnell, mein Duke, mein Traum von einem Border Collie hat nicht mehr viel mitbekommen. Es war vorbei, als der Krampf sich zu drehen aufhörte. Wie eine Feder lag er auf meinem Arm, als ich den toten Duke in mein Auto trug. Diesen Gang wollte ich mir nicht abnehmen lassen. Wenn er schon gehen musste, dann in meinem Arm bis zum Schluss.

Am Nachmittag habe ich mit Monty, unserem Sohn, ein Loch unter einer Tanne gegraben. Schön ruhig sollte der Ort sein, an dem er uns für immer begleiten sollte. Einen guten Blick auf die Terrasse, das Haus und die Agility-Geräte musste mein alter Duke haben. Es hat lange gedauert, bis das Loch tief genug war, Monty und ich haben jede einzelne  Schaufel für unseren treuen Begleiter nach oben befördert. Mit Herbstblättern und Winterblumen wurde Duke begraben, sein Halsband, das Claude für ihn im Münchenstile genäht hat, begleitet ihn genau wie seine Decke und ein Quietschespielzeug. Dieses Geräusch hat Duke immer wieder die Jugend zurückgeholt. Alle waren dabei, als wir ihn zu Grabe trugen. Harald, Sina, Monty und ich, Seven, Cola und Loca nahmen Abschied, jeder auf seine Weise.

Nur vier Tage!